Gegen acht Uhr morgens erwacht der Tross langsam aus dem Schlaf. Es wird erst um 11:00 weitergehen, der Morgen wird lang. Ein paar Fahrzeuge müssen gecheckt werden und Holger vom Orgateam fährt nochmal zurück zur Grenze. Eines der Teams steht immer noch mit drei Autos in Agadir, sie wollen tatsächlich noch nachkommen – oder auch nicht. 🤦♂️
Endlich kommt der Gaskocher zum Einsatz, Südheides spärliches Frühstück besteht aus Kaffee, Obst und Müsliriegeln. Muss reichen. Sanitäre Einrichtungen hier im Wüstencamp: Komplett Fehlanzeige. Katzenwäsche und Natur-WC sind unsere Morgentoilette.
Nach dem Frühstück bringen mir Mike und Kate ‚Durak‘ bei, ein russisches Kartenspiel. Total cool, genau mein Ding. Das wird definitiv nach der Reise die heimische Spielesammlung erweitern.
Mittlerweile liegt der Start der Rallye gefühlt schon eine Ewigkeit zurück, ich habe jedes Zeitgefühl verloren. Datum und Wochentag weiß ich gerade nicht.
Beim Abbau des Lagers verbrennen wir den Müll. Für mich fühlt sich das komplett befremdlich an – die Orga hat jedoch ausführlich erklärt, dass das so richtig ist. Kann ich mich nur bedingt mit abfinden. Wir fahren zurück auf eine Art Teerstrasse, die diesen Namen aber nicht verdient hat. Die Autoschlange kommt nur schleppend voran, viele sind so etwas nicht gewohnt.
Wir fahren ab jetzt ohne Nummernschilder, denn verlieren dürfen wir die Dinger nicht. Das Abmelden in Deutschland wäre dann unnötig kompliziert. Unterwegs kommen wir durch zumeist verlassene ‚Siedlungen‘, kaum zu fassen, dass ein Überleben in dieser Ödnis möglich ist. Mauretanien erscheint noch einmal krasser als Westsahara.
Nach 130 Kilometern rumpeliger Piste geht es rechts ab in die Wüste, die RICHTIGE Wüste. Hier gibt es weder Straße noch Piste, den Weg müssen wir uns suchen. Dafür haben wir drei einheimische Guides an Bord, die die Wüste hier sehr gut kennen.
Außerdem begleiten uns eine Handvoll bewaffneter Soldaten auf einem Pickup – sie bewachen Nachts unser Camp.
Je nach Beschaffenheit des Untergrundes fahren wir mal langsam, mal rasend schnell durch die Dünenlandschaft.
Das ist Sir Lawrence Gelände. Die richtige Musik aufgelegt und ab geht die wilde Fahrt. Wir fliegen am Tross vorbei, lassen uns zurückfallen und geben wieder Gas. Die Insta360 (danke Björn) macht verdammt coole Aufnahmen.
Zwischendurch fängt es im Motorraum laut an zu pfeifen – der Turboladeransaugschlauch ist wieder abgerutscht. Zum Glück gleich wieder gefixt.
Mehrmals muss der Tross zwischendurch anhalten, weil jemand festgefahren ist. ‚Eingesandt‘, wie es rallyefachmännisch richtig heißt. Ich bin froh, das wir allradgetrieben sind!
Nach ein paar Stunden in der Gluthitze kommt der Konvoi zum Stehen. Vor uns eine tiefsandige Schlüsselstelle, die für viele Fahrzeuge zur Nagelprobe wird. Reihenweise bleiben die 2WD-Fahrzeuge hängen. Aus der Mordsgaudi wird ein anstrengendes Unterfangen, das bis zum Sonnenuntergang dauert. Oftmals gelingt es nur mit einem Allemann-Manöver, die festsitzenden Autos wieder freizubekommen.
Kurz darauf schlagen wir unser Lager auf einer weiten Sandebene auf. Mit drei anderen Teams bauen wir eine kleine Wagenburg, in der wir gemeinsam Essen und quatschen können. Beim Team Südheide gibt es heute lecker Gutsherrentopf und Chilli con Carne – aus der Dose. Nach DEM Tag ein Festmahl. 😋
Alle sind mächtig erschöpft und so geht es bald in die Koje. Ich habe Glück, ich kann zwischen den Autos in Mikes Hängematte schlafen. Wunderbar, denn über mir spannt sich ein unglaublicher Sternenhimmel.
Strecke: ~150 spaßige Kilometer mitten durch die Wüste
Wetter: einfach nur heiß
Team: kleine Jungs im Sandkasten
Sir Lawrence: Das erste mal im Allradmodus