Tag 12 | Nach Mauretanien in‘s Wüstencamp

In den nächsten Tagen werde ich nur sporadisch schreiben können. Meine Reise führt mich heute nach Mauretanien, ein Stück nach Osten in’s OFF, in ein Wüstencamp. Dort wird es wohl kein Handynetz geben. Unfreiwilliges Digital Detox.

08:30 Uhr, ich wache gerade in der abgerockten Herberge ‚Barbas’ im Süden von Westsahara auf. In der Wüste – und mich haben Mücken geärgert! In der Wüste!?
Den Blog habe ich erst in der Nacht geschrieben, wie meistens.
Nachdem es gestern bis in die Nacht sehr warm war, überrascht mich die Kälte am Morgen. Cord geht laufen, ich geh duschen. Wer weiß, wann das das nächste mal geht.

Frühstück ist in dieser Ecke der Welt etwas spärlich, Weißbrot, Spiegelei und etwas Marmelade. Der Kaffee ist allerdings wieder mal hervorragend. Heute Morgen geht es sehr gemächlich zu, die Etappe zur und über die Grenze wird recht kurz sein. Ich befürchte, dass wir sehr lange am Grenzübergang stehen werden.
Ich geh noch schnell ein paar Fotos von der Umgebung der Unterkunft machen. Die zeltartig überspannte ‚Hotel‘-Lobby, die Tankstelle, die Autoleichen — das ganze hier sieht aus wie eine skurrile Filmkulisse von ‚MadMax‘.

Wir fahren gegen 11:00 Uhr los, im Konvoi mit der gesamten Gruppe, etwa 40 Fahrzeuge. Einige Autos haben wir schon verloren, die entweder total ausgefallen sind oder wegen größerer Reparaturen ein oder zwei Tage hinter dem Tross fahren.

Kurz vor der Grenze geht die gut ausgebaute Straße in eine wilde Piste über. Der ein oder andere Rallyefahrer ist jetzt schon froh, den Unterfahrschutz nachgerüstet zu haben. Nach etwas mehr als zwei Stunden erreichen wir den Grenzposten, zum Glück können wir an der ewig langen LKW-Schlange vorbeifahren. Jetzt heißt es warten, es geht im 10-Minuten-Takt immer ein paar Autos vorwärts. Zeit, noch etwas über Land und Leute zu schreiben.

Tatsächlich sind die Menschen hier in Marokko und Westsahara wieder ausnehmend freundlich und hilfsbereit. Nur ganz selten erlebe ich Gleichgültigkeit oder gar Unfreundlichkeit. Sprachlich ist es zwar schwierig, weil die Menschen überwiegend arabisch oder mäßig französisch sprechen – die Verständigung klappt in der Regel trotzdem gut. Draufzeigen und Zeichensprache reichen eigentlich immer aus, google translate nutze ich nur im absoluten Notfall. Wendet man sich ihren kleinen Kindern zu, lächelt sie an oder lobt das Essen, dann ist auch hier bei den Menschen in der Regel das Eis immer gebrochen.

Während ich das schreibe läuft von vorn aus der Abfertigungsschlange das Gerücht durch die Reihen, dass die Grenzer nach Drohnen suchen. Mist, jetzt muss ich mir was einfallen lassen.

Der Handyempfang ist hier immer noch erstaunlich gut, es gibt 4G. Ich lade aus Langeweile noch ein paar nette Reels auf Insta hoch, Eindrücke dieser Reise vermitteln. Zwischendurch meldet sich Wolfgang Holz, der Vorstand vom Verein Projekt Gambia e.V. Er berichtet, dass unser Spendenprojekt voll ist. Wahnsinn – das Netzwerk vom Team Südheide hat innerhalb kürzester Zeit einen Betrag von 20.000 € zusammengetragen! Ich bin tief berührt, mir verschlägt es die Sprache. Und auch Cord kann es kaum fassen. 

Wir sind euch, die das hier lest und die ihr so großzügig gespendet habt, unendlich dankbar!!! ❤️❤️❤️

Den großen Scheck werden wir nächste Woche persönlich an Doc Sol übergeben. Auch das wird sicher ein bewegender Moment werden. Ich werde dann hier im Blog davon berichten.

Mittlerweile ist die Schlange vor uns Schritt für Schritt kürzer geworden. In die Grenzstation eingefahren herrscht das so typische Durcheinander, an welchem Fensterchen man welchen Stempel bekommt, Unterlagen abgeben und wo die Pässe vorzeigen muss. Am Ende schaut niemand in unser Auto, die Drohne und der Rotwein bleiben unentdeckt, alle Aufregung war umsonst.

Nach wenigen hundert Metern kommen wir im Niemandsland zwischen den Grenzen wieder zum Stehen. Rechts und links sollen Minenfelder sein, also schön am Auto stehen bleiben! Die mauretanische Grenze passieren wir in kleinen Gruppen. Die Orga hat den Grenzübertritt mit ‚Schmiermittel‘ flankiert, so dass die Einreiseformalitäten schnell erledigt sind. Der Zoll schaut bewusst an unseren Autos vorbei und so fahren wir nach insgesamt sieben Stunden Grenzprozedur nach Mauretanien ein.

Fünf rumpelige Pistenkilometer weiter erreichen wir unser Nachtlager, ein öde Sandfläche im Nirgendwo. Im Mondschein kommen wir in einem Lager aus Autos und Zelten zur Ruhe. Überall im Lager finden sich kleine Gruppen an mehr oder weniger reich gedeckten Tischen zum Abendessen zusammen, es wird gelacht und auch da und dort richtig gefeiert. Kate und Mike servieren Pasta mit Tomatensauce – gut für uns, denn unsere eigenen Essensvorräte sind eher überschaubar. Die Mettwürste – was würde ich jetzt für sie geben – sind leider schon lange aufgegessen. Dafür haben wir den Rotwein. Früh kehrt Ruhe im Lager ein, der Tag in der Hitze war trotz der geringer Fahrstrecke für alle ordentlich anstrengend.

In der Nacht wache ich von einem Dröhnen wie von Flugzeugturbinen auf. Unweit des Lagers führt eine Bahnstrecke vorbei – hier gibt es die fast längsten Züge der Welt. Gleich mehrere Lokomotiven ziehen eine schier unendliche Zahl Waggons, die alle Eisenerz geladen haben sollen.

Strecke: ~110  langweilige Kilometer 
Wetter: einfach nur heiß
Team: gelangweilt
Sir Lawrence: Absolut fit