Tag 18 | Von Nuakschott durch den Nationalpark nach St.Louis

Der Tag beginnt wieder früh. Um 09:00 Uhr ist Treffen an einer Ausfallstrasse von Nuakschott Richtung Süden. Vorher müssen wir noch unsere Sachen packen, Frühstücken, Tanken und Proviant für den Tag einkaufen. Es soll heute ein langer, heißer Ritt bis in den späten Abend werden.

Wir rollen fast als letzte an den Treffpunkt und es geht sofort los, durch die Vororte dieser unglaublichen Stadt. Hier ist es nochmal ärmlicher und heruntergekommener als alles, was wir bisher gesehen haben. Auffällig ist auch hier – wir in allen Gegenden, durch die wir bisher gekommen sind -, dass quasi in jedem Gebäude entlang der Straßen kleine und kleinste Gewerbebetriebe existieren. Fast immer ein Tor oder eine Tür, hinter der jemand einen kleinen Handel oder irgendeine Form Werkstatt betreibt und gleichzeitig darin zu wohnen scheint. Oft in für unsere Augen erbärmlichstem Zustand und gespickt mit Kindern, Ziegen, Hühnern und allerlei Hausrat drumherum. Ich scheue mich, die Kamera dauernd auf diese Szenen draufzuhalten.

Vor uns eine Baustelle, die wir über einen Feldweg umfahren müssen. Dabei reißt beim Passat von Formel Heinz die Antriebswelle ab und der Tross kommt zum Stillstand. Südheide ist schon durch diese Passage durch und steht zusammen mit der Hälfte der Autos wieder auf der Straße. Während wir wohl eineinhalb Stunden darauf warten, dass Profischrauber Mario das Problem in den Griff bekommt, schauen wir dem sich uns bietenden Spektakel auf und neben der Straße zu. Mal sitzen Menschen oben auf dem Dach von fahrenden LKW, die eigentlich schon nicht mehr fahrtüchtig sind. Mal sehen wir völlig überfüllte Kleinbusse, deren Karossen nur noch aus Rost und Beulen bestehen. Und dann ein Taxi in erbärmlichen Zustand, in dem schon 5 Leute sitzen und in das trotzdem noch ein Mann mit Ziege einsteigt. Afrikanische Normalität – für uns Wahnsinn.

Dann geht es weiter, Mario mit seinen magischen Händen hat den Passat wieder flott bekommen. Die rumpelige Teerstrasse führt durch abgefahrene Ortschaften und wird von Kilometer zu Kilometer schlechter. Die Landschaft verändert sich nun, aus karger Wüstenlandschaft wird eine immer grünere Strauchsavanne.

Statt nur Gruppen ausgehungerter Ziegen sehen wir jetzt  auch immer häufiger kleinere und größere Rinderherden, ein Zeichen größeren Reichtums. In diesem Abschnitt der Strecke sehen wir jetzt gelegentlich Tierkadaver an der Straße liegen, von Verwesung aufgebläht. Es stinkt fürchterlich, wenn wir so eine Stelle passieren.

Wir fahren heute mit einer doppelten Militäreskorte, eine vorn eine hinten. Grün vermummte bewaffnete Jungs auf einem Jeep mit Maschinengewehrlafette. Mit denen im Gepäck nehmen wir die unzähligen Polizeikontrollen locker.

Wir biegen ab von der Straße hinein in einen Nationalpark direkt am Grenzfluss Senegal. Die Piste windet sich auf einem Damm entlang des Flusses und wird jetzt wilder, anspruchsvoller; roter Lehmboden mit zum Teil extrem tiefen Spurrillen. Nicht gut für unseren Bullenkopf – kurz vor einem Posten büßen wir das Schmuckstück ein. Für die Fahrer wird es ein stundenlanger Slalom, um die härtesten Einschläge zu vermeiden. Rechts und links der Piste gibt es jede Menge zu sehen, unglaubliche Mengen unterschiedlichster Wasservögel, ein bisschen wie ‚Vogelpark Walsrode‘. Sogar ein paar Warzenschweine bekommen wir zu Gesicht, fast wie eine Safari. Und wir sehen jede Menge Rauch- und Mehlschwalben, vielleicht auch ein paar Überwinternde aus der Südheide. Es wird langsam dunkler, die Dämmerung bricht herein. Eigentlich kann man so eine Strecke nur bei Tageslicht fahren – und trotzdem muss das jetzt irgendwie gegen. Zwischendurch bleibt sogar noch Zeit für ein paar Fotos, unglaubliche Menge von Vögeln im Licht der untergehenden Sonne.

Irgendwann erreichen wir die Grenze zum Senegal, es ist bereits stockfinster. Wobei ‚Grenze‘ auch ganz schön übertrieben ist, es sieht hier alles mächtig provisorisch aus.

Die Grenzprozedur dauert wieder nervtötend lange. Nur mit einer kühlen Dose Bier (danke Kate) zu ertragen. Jede Menge fliegende Händler sind präsent, wollen Geld tauschen und SIM-Karten verbimmeln, geben sich aber angenehm unaufdringlich. Ich kaufe tatsächlich ein SIM-Karte, dann kann ich mit meiner Frau und unserem Jüngsten telefonieren. Es tut gut, die vertrauten Stimmen zu hören. Cord sortiert derweil die Unmengen an Videomaterial, die er bis jetzt zusammen getragen hat. Das wird nach der Reise noch Wochen dauern, bis das alles aufbereitet und verarbeitet ist. Allerdings freue ich mich jetzt schon auf die Ergebnisse.

Endlich über die Grenze gelangt fahren wir noch gut 30 Kilometer im Dunklen bis in die Stadt St.Louis, eine alte, sehr bunte und interessante Kolonialstadt. Leider bekommt man bei Nacht keinen guten Eindruck von den Straßen, durch die man fährt. Und doch sind die letzten Kilometer bis zur Unterkunft – ein Hotel am Strand – der Hammer. Wir müssen über Brücken zu einer vorgelagerten Insel, wo auch mitten in der Nacht noch buntes Treiben herrscht. Vorbei am furchtbar stinkenden Fischmarkt durch Straßen mit Händlern und Handwerkern wo Herden von Ziegen und Schafen durch die Gassen getrieben werden. Dazwischen – wie immer – Kinder, Kinder, Kinder.

Es ist weit nach Mitternacht, als wir das Hotel erreichen, das man in diesem Breiten durchaus als luxuriös bezeichnen kann. Cord und ich bekommen ein keines Haus direkt am Strand – WOW. Und tatsächlich wird um 01:30 Uhr auch nach a la carte Abendessen serviert.

Wir schaffen noch ein Bier – und fallen dann rückwärts in unsere Betten.

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